Um die Innenstadt Schwetzingens unter den Aspekten Barrierefreiheit und Inklusion zu betrachten, luden die Grünen in Schwetzingen die Bundestagsabgeordnete Stephanie Aeffner zu einem Stadtrundgang ein. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und war zuvor Landesbehindertenbeauftragte in Baden-Württemberg. Die studierte Sozialpädagogin und kennt sich somit in diesem Themenspektrum besonders gut aus.
Begonnen wurde am Bahnhof. Die Gruppe war erfreut darüber, dass der Aufzug wieder funktioniert, denn vor zwei Tagen war er defekt. Eine Teilnehmerin merkte an, dass die Behindertentoilette am Bahnhof immer schmutzig sei und die Deutsche Bahn hier für mehr Sauberkeit sorgen müsse. Mangelhaft ist auch das taktile Leitsystem für Blinde, das in Richtung Unterführung am Boden plötzlich endet und ab dann fehlt.
Des Weiteren wies Stephanie Aeffner am Übergang Richtung Kaufland darauf hin, dass Doppelquerungen fehlen, bei denen versetzt eine Nullabsenkung für Menschen mit Gehbehinderungen und eine Querung für Sehbeeinträchtigte mit einer Bordsteinhöhe von 6 cm nebeneinander liegen. Gut möglich ist dagegen der barrierefreie Zugang zum Kaufland. Auch die dortige Poststelle ist barrierefrei erreichbar und es können hier normale Postdienstleistungen erledigt werden.
Gespannt über die Einschätzung von Stephanie Aeffner zur Situation begab sich die Gruppe auf den Gehsteig der Carl-Theodor-Straße, denn diesen müssen sich bereits Fußgängerinnen und Fußgänger mit Radfahrenden teilen. Besonders für Menschen mit Behinderungen sah sie hier große Konflikte mit Radfahrenden und meinte, dass die Radfahrenden an der Stelle unbedingt auf die Straße gehörten.
Die Geschäfte sind größtenteils nur über Treppenstufen zu erreichen. Hier machte Stephanie Aeffner darauf aufmerksam, dass man Barrierefreiheit auch erreichen kann, wenn diese nicht außen an Geschäften hergestellt werden kann, indem man in den Eingangsbereich eine Schräge baut, die auf Gehweghöhe endet, In vielen Ländern sei das bereits üblich und sei heute unter Einbeziehung der Denkmalschutzbehörde möglich. Was die Parkplätze anbelangt, sagte sie, dass nach Untersuchungen sogar nur 11 % der Kundinnen und Kunden mit Mobilitätseinschränkungen mit dem Auto kämen. Der Fußverkehr ist die häufigste Form der Anreise zu Geschäften in Innenstädten und muss daher bei der Planung viel mehr in den Fokus genommen werden.
Danach ging die Gruppe weiter in Richtung Schloss. Dabei wurde bei der Querung für Sehbeeinträchtigte festgestellt, dass man dieser gut über die Straße folgen kann, aber dann am Schlosseingang durch einen Aufsteller gestoppt wird. Dieser sollte unbedingt woanders platziert werden, damit man sich mit dem Langstock besser am Außengemäuer entlang orientieren kann.
Nun ging es über die holprigen Pflastersteine weiter in die Karlsruher Straße zur Toilettenanlage mit Behindertentoilette, die mit dem Euroschlüssel geöffnet werden kann. Diese sind im Gegensatz zu den Toiletten am Bahnhof sehr sauber. Hier sollte die Toilettenbenutzung aber nicht nur für Männer kostenfrei sein.
Auf dem Weg in Richtung neue Poststelle, stellte eine Teilnehmerin die Frage, was die Kommune für die Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit seelischen Behinderungen macht. Kathrin Vobis-Mink erläuterte: „Die Verwaltungsleitungen sind bestrebt und sehr bemüht, den Menschen weiterhin das Arbeiten zu ermöglichen.“ Die Teilnehmerin bemängelte im Allgemeinen, dass leider für die meisten Menschen mit seelischen Behinderungen i.d.R. immer noch der Weg in die Werkstätten vorgezeichnet sei.
Stephanie Aeffner erwähnte, dass mit dem Programm „Arbeit inklusiv“ in Baden-Württemberg eine voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt unterstützt würde. Darüber würden aber meist Arbeitsverhältnisse im Bereich des Handwerks gefördert, weniger bei den öffentlichen Arbeitgebern. Die Möglichkeit von Teilzeitausbildungen könnten auch Kommunen nutzen. Das Land hat gerade ein neues Programm zur Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen in der Landesverwaltung gestartet, bei dem ein Stellenpool mit 8 Mio. Euro hinterlegt sei. Kathrin Vobis-Mink ergänzte, dass die Grünen sich für ein Inklusives Café in den Schwetzinger Höfen einsetzen. Die Arbeitsplätze dort sollten vollwertige, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sein.
Abschließend machte sich die Gruppe auf den Weg zur neuen Postfiliale in der Heidelberger Straße. Hier war es Stephanie Aeffner gar nicht möglich mit dem Rollstuhl die zweistufige Treppe zu nehmen. Für Menschen mit Rollator ist diese genauso wenig zu bewältigen und einen Aufkleber „barrierefrei-wir sind dabei“, der anzeigt, dass eine mobile Rampe vorhanden ist, sucht man am Eingang vergeblich. Aber selbst mit Rampe könnte man diese Hürde schlecht nehmen, da die Länge der Rampe die Breite des Gehsteigs überragen würde.
Abschließend sagte Dr. Michael Rittmann: „Bei der Barrierefreiheit ist noch viel Luft nach oben in der Schwetzinger Innenstadt. Auf diese Dinge zu achten ist wichtig für die Attraktivität der Innenstadt und des Einzelhandels, weil unsere Gesellschaft immer älter wird.“ Dass die Sprechstunden des Pflegestützpunktes -die Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Pflege- nicht mehr im Generationenbüro Schwetzingen stattfinden, sondern nach Oftersheim und Hockenheim ausgelagert werden, ist für die Grünen ebenso unverständlich. Auch, dass die Gemeinderatsmitglieder dies erst aus der Zeitung erfahren haben. Sie werden deshalb nachhaken, wie diese Entscheidung zustande kam.