Politik muss vorausschauend handeln

Stephanie Aeffner hatte die Spitzenkandidatin der Grünen in Baden-Württemberg Franziska Brantner zu sich in den Wahlkreis eingeladen. Bei der Veranstaltung auf der Terrasse des „Goldenen Ankers“ in Dillweißenstein diskutierten die beiden mit Ute Hötzer, Geschäftsführerin des Beschäftigungs- und Bildungsträgers Q-Prints&Service gGmbH, über sozialpolitische Herausforderungen und die Konzepte der Grünen.

Aus aktuellem Anlass wurde zu Beginn des Abends über die Lage in Afghanistan gesprochen. Brantner zeigte sich von der Situation sehr betroffen. „Es war absehbar, dass die Taliban das Land sehr schnell erobern würden. Doch die Große Koalition im Bundestag hatte bereits im Juni einen Antrag der Grünen zur Evakuierung von gefährdeten Menschen abgelehnt.  Obwohl es vielfache Warnungen auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen gab. Aus innenpolitischem Kalkül, weil man im Wahlkampf das Thema Flüchtlinge nicht haben wollte, habe die Bundesregierung hier schlicht versagt, so Brantner. Jetzt müsse es darum gehen, möglichst viele Menschen zu retten. Eine Aufarbeitung, um aus den Fehlern zu lernen,  müsse im Anschluss erfolgen. Grundsätzlich brauche es eine andere Politik, die nicht immer erst auf Krisen reagiere, sondern vorausschauend handle und so zur Vermeidung beitrage.

Das eigentliche Thema des Abends war der soziale Zusammenhalt. Ute Hötzer schilderte aus ihrer beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführerin eines Bildungsträgers, wie gerade die Pandemie die Ungleichheit noch einmal verstärkt habe. In Familien mit wenig finanziellen Mitteln stand oft nicht die notwendige digitale Ausstattung zur Verfügung. Sie forderte u.a. die Überwindung von Hartz-IV. Außerdem kritisierte sie, dass viele Angebote sozialer Einrichtungen. immer nur kurzfristig finanziert würden. Dadurch werde die Unterstützung der Menschen als auch die Situation für die Beschäftigten und der Träger erschwert.

Brantner griff die Kritik an Hartz-IV auf. Es brauche Sanktionsfreiheit und eine Neuberechnung, die wirkliche Teilhabe ermögliche. Das Freivermögen müsse erhöht werden damit man nicht mit Beginn einer anhaltenden Arbeitslosigkeit alles verliert, was man sich zuvor aufgebaut hat. Ihre Kritik  ging noch weiter: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Deshalb gehören sie überhaupt nicht ins Hartz-IV-System.“ Kinder sollen einen eigens für sie berechneten Regelsatz erhalten. Ein Ziel der Grünen ist eine Kinder-Grundsicherung.

Gefragt nach dem Grundeinkommen betonte Brantner, dass Politik Prioritäten setzen müsse. Schon die zuvor genannten Vorhaben würden einiges kosten. Und für sie habe höchste Priorität, Kinder aus Armut zu holen und engagierten Klimaschutz zu betreiben. Und dann gebe es noch viele weitere wichtige Vorhaben wie die Verbesserungen in der Pflege. Gute soziale Angebote überall könne man nur in Zusammenarbeit mit den Kommunen erreichen. Deshalb wollen die Grünen sie dabei unterstützen, bessere Entlastungsangebote für pflegende Angehörige vor Ort anzubieten.

„Die jetzige Bundesregierung hat bei vielen Zukunftsaufgaben zu lange den Kopf in den Sand gesteckt. „Man muss die Anliegen aller ernst nehmen. Dafür muss Politik alle an einen Tisch holen. Es müssen gemeinsam Wege gefunden werden“, so Aeffner.

Als positives Beispiel nannte Brantner den Strategiedialog Automobilwirtschaft, den Ministerpräsident Kretschmann ins Leben gerufen habe. Die Automobilwirtschaft habe gerade Baden-Württemberg viel Wohlstand gebracht. Es gehe bei den anstehenden Veränderungen nicht um Schuldzuweisungen. Vielmehr muss das Ziel sein, dass auch das Auto der Zukunft in Deutschland gebaut wird. Aber eben im Rahmen einer sozial-ökologischen Wende.