Rede im Bundestag zum Haushalt

Stephanie Aeffner bei Rede zur Haushaltsdebatte im Bundestag

Um die vielzitierte Zeitendwende zu gestalten, müssen wir sie auch im Haushalt umsetzen. Dafür brauchen wir eine Aussetzung der Schuldenbremse 2023 und eine Übergewinnsteuer. Das habe ich bei meiner Rede zum Bundeshaushalt für den Bereich Arbeit und Soziales deutlich gemacht.

Meine REDE IM VIDEO. Redetext:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist schon interessant, was wir heute hier aus den Reihen der Union so alles über das Bürgergeld zu hören bekommen und darüber, was wir damit denn angeblich alles tun. Ja, wir haben uns vorgenommen, mehr Fortschritt zu wagen, und dazu gehört auch ein Aufbruch in der Frage der sozialen Gerechtigkeit. Aber das, was Sie hier tun, ist: Sie spielen ganz bewusst Gruppen gegeneinander aus, indem Sie behaupten, wir würden mit dem, was wir vorhaben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern zu schlechten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erklären. Das Gegenteil ist der Fall.

Es geht um die Frage, welche Strukturen wir verändern müssen, und nicht darum, wie wir Menschen verändern müssen; denn Mitarbeiter/-innen in Jobcentern können ihren Auftrag nur so gut erfüllen, wie wir als Politik ihn auch tatsächlich gestalten.

Und genau das ist unser Anliegen an dieser Stelle: ihn so zu verändern, dass es um nachhaltige Vermittlung in Arbeit geht.

Es ist sehr spannend, wie Sie auch in den Anhörungen zum Sanktionsmoratorium immer wieder unter Verweis auf die IAB-Studie betont haben, wie wichtig Sanktionen sind, um Menschen in Arbeit zu bekommen. Es ist eine interessante Lesart einer Studie, wenn ich nur Teil 1 verwende und Teil 2 weglasse. Dort steht nämlich, dass Sanktionen kurzfristig zu Vermittlungserfolgen führen, langfristig es aber sehr wohl auch Nachteile gibt. Diesen Aspekt unterschlagen Sie in der Debatte immer wieder.

Nichtsdestotrotz müssen wir uns beim Bürgergeld auch die andere Seite anschauen, nämlich die passiven Leistungen: Was erhalten Menschen an Grundsicherung? Die Entwicklung, seitdem wir diesen Koalitionsvertrag unterschrieben haben, hat uns sehr drastisch vor Augen geführt, welch enorme Belastungen Menschen – gerade die, die von Armut betroffen sind – durch die Pandemie erlebt haben und wie sich das durch den Angriffskrieg von Putin noch einmal verschärft hat. Die Inflation ist mit 7,9 Prozent so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung; bei Lebensmittelpreisen wird sogar mit einem Anstieg von über 10 Prozent gerechnet. Deshalb ist es gut, dass wir mit den Entlastungspaketen und den Festlegungen im Ergänzungshaushalt eine ganze Reihe von Entlastungen beschlossen haben. Diese haben meine Kolleginnen und Kollegen alle schon dargestellt.

Klar ist aber auch: Den mit dem Bürgergeld verbundenen Anspruch auf Würde und gesellschaftliche Teilhabe lösen wir allein damit noch nicht ein. Wir müssen uns ganz grundsätzlich über die Regelsätze Gedanken machen. Dafür will ich nur zwei Beispiele nennen: Als Mobilitätssatz sind 40,27 Euro vorgesehen. Bei mir in Pforzheim kostet die Monatskarte allein für eine Zone 57 Euro. Da bleibt am Ende des Geldes noch ziemlich viel Monat übrig. Zum Zweiten folgt die Höhe der Regelsätze immer den Preisen vom Vorjahr. Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass der Bedarf am 1. Januar damit gedeckt ist, so laufen wir doch mit jeder Preissteigerung, die wir im Laufe eines Jahres erleben, in eine Unterdeckung des Existenzminimums, die zum Ende des Jahres hin immer höher wird.

Ich freue mich, dass jetzt ein Vorschlag von Hubertus Heil auf dem Tisch liegt, wie wir die Regelsätze verändern können.

Aber um das einzulösen und die heute hier vielzitierte Zeitenwende tatsächlich zu gestalten, müssen wir dies auch in der Haushaltspolitik umsetzen. Denn während mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr eine Kreditfinanzierung ermöglicht wird, wird die Schuldenbremse im Hinblick auf all die sozialen Fragen eben nicht aufgehoben. Auch das ist ein Ziel, das Putin schon seit Jahren versucht zu erreichen: Spaltung in unsere Gesellschaft zu tragen. – Die Preissteigerungen, die wir jetzt erleben, passen auch in sein Kalkül. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die erforderliche Zeitenwende auch in der Haushaltspolitik erfolgt, zumindest mit einem Aussetzen der Schuldenbremse auch 2023 und einer Übergewinnsteuer.