Rückforderungen aufgrund des 9-Euro-Tickets

Zu den Rückforderungen von Leistungen an Schülerinnen und Schüler im SGB II-Bezug aufgrund des 9-Euro-Tickets erklärt Stephanie Aeffner, MdB:

Ich kann nur an die Länder appellieren, dafür Sorge zu tragen, dass die Jobcenter wegen der Einführung des 9-Euro-Tickets keine Gelder von den Schüler*innen zurückfordern. Das ist nicht nur rechtlich zumindest ein zweifelhaftes Vorgehen. V.a. ist es ein verheerendes sozialpolitisches Signal!

Mit großer Verwunderung habe ich die Berichte zur Kenntnis genommen, wonach einige Kommunen Geld von Schüler*innen zurückfordern. Diese hätten von den Jobcentern vor Beginn des Schuljahres Geld für ein Schüler-Beförderungsticket erhalten und bekämen nun von den Verkehrsgesellschaften eine Erstattung in Höhe des Differenzbetrags zum 9-Euro-Ticket rückerstattet.

Auf den ersten Blick scheint es vielleicht „korrekt“, Gelder für die Schüler*innenbeförderung zurückzufordern, wenn diese jetzt deutlich weniger kostet. Jobcenter möchten sich nicht dem Vorwurf aussetzen, eine ungerechtfertigte Besserstellung der betreffenden Schüler*innen gegenüber Nichtleistungsbezieher*innen finanziert zu haben. Nach rechtlicher Prüfung komme ich aber zu einer anderen Bewertung:

Bei der Auszahlung der Leistungen wurden diese ja zweckentsprechend eingesetzt. Es liegt keine Zweckentfremdung durch die Schüler*innen vor, wenn sie nun nachträglich die Differenz zum 9-Euro-Ticket erstattet bekommen. Denn eine Rückzahlung von Leistungen soll nach § 40 Abs. 6 Satz 3 SGB II nicht  gefordert werden, wenn es sich, wie hier, um Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket handelt. Bei der Geringfügigkeit der Beträge kann auch kaum von einer „zweckentfremdeten Bereicherung“ der Schülerinnen und Schüler gesprochen werden. Zumal den Jobcentern durch die Rückforderungen ein ganz erheblicher Verwaltungsaufwand entsteht, den die Betroffenen weder selbst verschuldet noch intendiert haben. Alle Leistungsbescheide müssten entsprechend aufgehoben werden. Dass hierfür nicht die Voraussetzungen vorliegen, lässt sich rechtlich sehr gut begründen.

Viel schwerer wiegt für mich aber, was für ein verheerendes Signal mit einem solchen Vorgehen gerade an die Ärmsten in unserer Gesellschaft gesendet wird. Alle Bürger*innen sollten mit den Maßnahmen eine Entlastung für das sich gerade enorm verteuernde Leben erhalten. Eine Rückzahlung ist für mich daher sozialpolitisch völlig unangemessen. Diese Bewertung teilt auch Minister Heil.

Ich appelliere eindringlich an alle Länder und Kommunen, von einer solchen Rückforderung Abstand zu nehmen. Einige Länder, wie etwa Berlin, sind hier bereits mit gutem Beispiel vorangegangen.