Ende August bin ich zusammen mit meiner Fraktionskollegin Corinna Rüffer zu den Vereinten Nationen (UN) nach Genf gereist. Zwei Tage wurde Deutschland vom UN-Fachausschuss geprüft, wie es um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention steht.
Der Ausschuss war in seinen Fragen und Bemerkungen sehr klar: Die Mitglieder haben den Eindruck, dass Deutschland die Konvention nicht ganz verstanden hat. Inklusion wird immer wieder umdefiniert.
Sonderwelten und Segregation sind laut dem Ausschuss besonders in den Bereichen Wohnen, Bildung und Arbeit fest verankert. Das ist aber keine Unterstützung für Menschen mit Behinderungen. Das steht im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und zur Menschenwürde.
Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) war Teil unserer Delegation. Es ist besorgt, dass Deutschland die Tragweite der menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht voll erkannt hat und teilweise sogar abweichend auslegt. Es betont, dass man in der Praxis den Willen zur Überwindung von Segregation nicht merkt – sonst würden keine Sonderschulen, Wohnheime oder Behindertenwerkstätten mehr gebaut werden.
Immer wieder wird gesagt, Menschen mit Behinderungen wollten ja gar nicht raus aus den Sonderwelten. Nach den Ursachen für den angeblichen Wunsch wird aber nicht gefragt. Ohne barrierefreien Wohnraum, ohne individuelle Unterstützung anstelle von zwangsweiser „Gruppenbetreuung“ und ohne eine echte inklusive Schule haben die Menschen gar keine wirkliche Wahl.
Für die Zivilgesellschaft waren Vertreter*innen des Deutschen Behindertenrates angereist. Sie hatten zusätzlich einen eigenen Dialog mit dem Ausschuss. Vor dem UN-Gelände gab es außerdem ein Protestcamp verschiedener Initiativen aus der Zivilgesellschaft. Die Vertreter*innen kritisieren Deutschland, weil es das Recht auf inklusive Bildung nicht ernst nimmt.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Ausschuss erarbeitet in den nächsten Wochen die „abschließenden Bemerkungen“. Darin werden mit Sicherheit eine ganze Menge Hausaufgaben für Deutschland stehen. Die werden für uns Abgeordnete eine wichtige Hilfe sein.
Wir brauchen gute gesetzliche Vorgaben. Ob Gesetzgebung zu Barrierefreiheit, der lange ausstehende Aktionsplan für ein inklusives, diverses und barrierefreies Gesundheitssystem oder ein inklusiver Arbeitsmarkt: Es gibt viel zu tun.