Im Rahmen meiner ersten Sommertour als Bundestagsabgeordnete habe ich verschiedene Orte und Menschen im Wahlkreis besucht und mit ihnen darüber gesprochen, was sie bewegt. Die thematische Bandbreite reichte von den Lebensbereichen Arbeit und Wirtschaft über Klima- und Umweltschutz bis zu Flucht und Asyl. Dieser direkte Austausch ist für mich in meiner Arbeit sehr wichtig. Und auch dieses Mal habe ich wieder viele Anregungen mitnehmen, aber auch an der einen oder anderen Stelle direkte Hilfestellung geben können. Die Gespräche und Besuche waren nicht nur sehr informativ, sondern haben auch sehr viel Spaß gemacht – was für eine gelungene Sommertour-Premiere!
Arbeit und Wirtschaft
Der Strukturwandel stellt die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Über dessen Auswirkungen sowohl auf die Betriebe als auch die Arbeitnehmer*innen in Pforzheim und dem Enzkreis habe ich mit Martina Lehmann, der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, sowie dem amtierenden Geschäftsführer der IHK Nordschwarzwald, Martin Keppler, und seiner designierten Nachfolgerin Tanja Traub gesprochen.
In beiden Gesprächen wurde deutlich: Aus- und Weiterbildung kommen in diesem Transformationsprozess Schlüsselrollen zu. Um dem akuten Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen, müssen Arbeitnehmer*innen so qualifiziert werden, dass sie auch in Zukunft ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt finden und Unternehmen ausreichend Fachpersonal zur Verfügung steht. Mit dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Anspruch auf eine berufsabschlussbezogene Qualifikation für Menschen im SGB-II-Bezug wollen wir in der Ampel-Koalition zusätzliche Weichen für mehr ausgebildetes Personal stellen.
Ebenfalls angesprochen wurde der hohe Bürokratieaufwand in vielen Unternehmen. Auch hier sind wir in Berlin dran: Im Koalitionsvertrag haben wir uns auf ein neues Bürokratieentlastungsgesetz verständigt. Dieses soll viele Abläufe vereinfachen und unnötige Bürokratie abbauen – und das ohne auf notwendige Schutzstandards zu verzichten.
Klima und Umwelt
Hitze, Dürre, Brände – Die Folgen des Klimawandels spüren wir aktuell alle härter denn je. Umso wichtiger ist es, unversiegelte Flächen und klimarelevante Ökosysteme zu schützen. Kommunale Flächennutzungspläne sehen aber häufig eine Bebauung vor. Gemeinsam mit dem Vorstand des BUND Nordschwarzwald sowie Kommunalpolitiker*innen aus Pforzheim und dem Enzkreis habe ich mir im Wahlkreis anhand verschiedener Stationen angeschaut, wo Nutzungspläne mit Umwelt- und Klimaschutz kollidieren.
Erster Stopp war der Reisersweg in Niefern. Hier ist die Entwicklung eines Gewerbegebietes im Wasserschutzgebiet geplant, wobei eine Umsetzung nur mit einer Menge Ausnahmen und der Befreiung gesetzlicher Verbote umsetzbar ist. Besonders brisant: In dem Gebiet liegen wichtige Trinkwasserbrunnen der Stadt Pforzheim und der Gemeinde Niefern-Öschelbronn.
Als nächstes ging es nach Pforzheim an die Tiergartenstraße. Hier soll das Neubaugebiet „Mehr Tiergarten“ entstehen. Diesem muss ein Hektar Wald weichen, der laut BUND für die Frischluftversorgung von hoher Bedeutung ist. Der Vorschlag des Verbands, mit einer veränderten Wohnbebauung den Wald erhalten zu können, fand keinen Eingang in die Planungen.
Die letzte Station der Begehung: Eine Biotopfläche hinter dem Friedhof, die mehreren geschützten Tierarten Lebensraum bietet. Dort soll ein Wohnprojekt realisiert werden. Für die Umsetzung braucht es eine Befreiung von der Landschaftsschutzverordnung.
All diese Beispiele machen deutlich: Effiziente Flächennutzung muss bei den Planungen mehr Gewicht bekommen. Die Bedeutung von Bodenschutz und dem Erhalt von Landschaftsräumen wird in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger.
Mehr dazu im Bericht
Mobilität / Critical Mass
Der öffentliche Raum gehört allen. Es ist an der Zeit, dass er gerechter verteilt wird und sich alle Verkehrsteilnehmer*innen sicher und gleichberechtigt darin bewegen können. Für mehr und vor allem sichere Radwege tritt die Critical Mass Pforzheim jeden letzten Freitag im Monat in die Pedale. Zum Auftakt ihrer Juli-Fahrt habe ich das Orga-Team und die Dutzenden Teilnehmenden am Waisenhausplatz getroffen und mich mit ihnen über ihre Forderungen und aktuelle Entwicklungen des städtischen Radverkehrs ausgetauscht.
Die Situation, so Mitorganisator Peter Heissenberger, verbessere sich zwar stetig, aber langsam. So sorgt inzwischen eine Ampel für eine sichere Querung der Jahnstraße auf Höhe des Turnplatzes. Dennoch hätten nach wie vor viele Pforzheimer*innen mangels geeigneter Radwege Angst, mit dem Fahrrad auf der Straße unterwegs zu sein. Doch der Critical Mass geht es nicht nur um den Radverkehr, sondern um alle Verkehrsteilnehmer*innen. Fahrradfahrer*innen, Fußgänger*innen, Menschen mit Kinderwagen oder Behinderungen – sie alle müssen sich sicher im öffentlichen Raum bewegen können.
Wir brauchen in Deutschland eine Mobilitätswende. Zur Stärkung des Radverkehrs wollen wir dafür bis 2030 die Mittel absichern und die Kombination von Rad und öffentlichem Verkehr fördern. Dafür wollen wir den nationalen Radverkehrsplan nicht nur umsetzen, sondern auch fortschreiben. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, den Ausbau und die Modernisierung des Radwegenetzes sowie die Förderung kommunaler Radverkehrsinfrastruktur voranzutreiben.
Flucht und Asyl
Das Thema Flucht ist leider aktueller denn je. Seit Februar suchen Tausende Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz vor Putins Krieg. Bei meiner Sommertour habe ich mich mit Verantwortlichen des Freundeskreises Asyl Ispringen und des Forums Asyl Pforzheim getroffen, die viele dieser Menschen, aber auch Geflüchtete aus anderen Staaten unterstützen.
2015 hat sich der Freundeskreis Asyl in Ispringen als Reaktion auf die Fluchtbewegungen aus Syrien gegründet. Seit dem leisten die rund 20 Ehrenamtlichen unbürokratisch Hilfe. Von ihrer Arbeit berichteten mir Ingrid Vogt und Beate Soltner in der von der Gruppe betriebenen Kleiderkammer „Wäschekorb“ im Ispringer Rathaus.
Hier können sich Geflüchtete, aber auch andere bedürftige Menschen, mit Kleidung und Haushaltswaren versorgen. Neben materieller Unterstützung bieten die Mitglieder aber auch Sprachunterricht und Bewerbungstraining an, einige engagieren sich als Familienpaten. Der größte Wunsch der Ehrenamtlichen: Dass diese Menschen nicht mehr von Abschiebung bedroht sind.
Eine Forderung, die auch das Forum Asyl Pforzheim unterstützt. Dessen Sprecher Christian Schmidt berichtete mir, dass die Gruppe häufig mit Fällen zu tun habe, in denen aufgrund nicht rechtzeitig verlängerter Duldungen die Abschiebung droht.
Wie der Freundeskreis Asyl unterstützen die Ehrenamtlichen des Forums Asyl Geflüchtete von der Antragsstellung bis zur Wohnungssuche beim Leben in Pforzheim. In der Zukunft will die Gruppe durch die Vernetzung der verschiedenen Communities auf das Potenzial aufmerksam, das in Pforzheims internationaler Bevölkerung steckt.
Potenziale und Perspektiven stellt die Ampel-Koalition in den Mittelpunkt ihrer Asyl- und Einwanderungspolitik: Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht setzen wir den Kettenduldungen ein Ende und schaffen Perspektiven für Menschen, die bereits vor Ort verwurzelt sind. Wir setzen auf „Ausbildung statt Abschiebung“: Neben dem Chancen-Aufenthaltsrecht wollen wir in einem nächsten Schritt Arbeitsverbote abschaffen und ein gut funktionierendes Einwanderungsgesetz mit klaren Regeln und weniger Bürokratieaufwand auf den Weg bringen. Die Ampel hat sich außerdem auf eine weitere Verbesserung geeinigt: In Zukunft sollen Integrations- und Berufssprachkurse für Asylsuchende unabhängig vom Herkunftsland oder Einreisedatum zugänglich sein. Damit können Menschen, die nach Deutschland kommen, möglichst rasch integriert werden.
Kinderarmut
Mit mehr als 30 Prozent im SGB II-Bezug lebt mehr als jedes dritte Kind in der Pforzheimer Weststadt in Armut. Wichtige Anlaufstellen für diese Kinder und ihre Familien sind das LukasZentrum und der Kinderschutzbund. Hier werden sie begleitet und unterstützt. Ich habe die beiden Einrichtungen besucht und mich mit den Teams über die Auswirkungen der hohen Kinderarmutsquote im Quartier ausgetauscht.
Der Unterstützungsbedarf, so berichten beide Teams, sei sehr hoch. Dem steht eine begrenzte Zahl an Personal und Ressourcen gegenüber. So kann das LukasZentrum aktuell 35 Plätze in seinen fünf Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfegruppen (HSL) für Grundschüler*innen anbieten. 80 Kinder stehen auf der Warteliste, berichtete Elena Link, Leiterin des LukasZentrums.
Viele der betreuten Kinder stammen aus bildungsfernen Familien. Für die Kinder bedeutet das weniger Bildungsgerechtigkeit und somit schlechtere Teilhabechancen.
Begrenzt sind auch die Wohnverhältnisse, in denen viele dieser Kinder leben. Beim Kinderschutzbund bekommen sie Raum, um unbeschwert Kind zu sein. Neben Spiel- und Hilfsangeboten gibt es materielle Unterstützung, beispielsweise in der Kleiderecke.
Die Berichte von der Arbeit vor Ort haben mich tief beeindruckt. Allen Haupt- und Ehrenamtlichen gilt mein herzlichster Dank. Klar ist aber auch: Diese Familien brauchen mehr finanzielle Hilfen.
Mit der Kindergrundsicherung wollen wir als Ampel-Koalition für mehr Chancengleichheit sorgen. Die Grundsicherung allein wird das Problem aber nicht lösen. Solange die Regelsätze im SGB II- bzw. ab 2023 Bürgergeld-Bezug für Erwachsene nicht bedarfsdeckend sind, werden viele Kinder mit ihren Eltern weiterhin unter Armut leiden. Es ist daher wichtig und gut, dass wir im Zuge der Bürgergeldreform und der Einführung der Kindergrundsicherung nun auch die Anpassung der Regelsätze angehen.
Inklusion
Es beginnt beim kaputten Aufzug am Bahnhof und endet bei der unpassenden Unterbringung von jungen Menschen im Seniorenheim – Barrieren, Diskriminierung und Ausgrenzung sind nach wie vor Alltag für viele Menschen mit Behinderungen. Auch in meinem Wahlkreis ist die Situation in vielen Lebensbereichen nicht hinnehmbar. Davon berichteten mir der Inklusionsbeauftragte der Stadt Pforzheim, Mohamed Zakzak, und die Behindertenbeauftragte des Enzkreises, Yvonne Alvarez.
Beide werden regelmäßig von Menschen mit Behinderung oder deren Familien um Hilfe gebeten. Mal geht es um inklusive Beschulung, die schließlich doch wieder im sonderpädagogischen Bildungszentrum endet. Oder um die Suche nach Assistenz, auf die die Menschen laut Bundesteilhabegesetz zwar einen Anspruch haben. Individuelle Assistenz ist in der Region jedoch Mangelware. Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Als Sozialpolitikerin und Berichterstatterin für Barrierefreiheit in meiner Fraktion setze ich mich für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auf allen staatlichen Ebenen ein. Dazu gehört auch die konsequente und zügige Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes durch alle Leistungserbringer.
Illingen und Ispringen
Gemeinsam mit dem grünen Kreisrat Peter Pförsich habe ich mich in Illingen mit Bürgermeister Armin Pioch getroffen.
Besonders beeindruckt hat mich, wie Illingen gemeinsam mit einem Dutzend weiterer Enzkreis-Gemeinden zusammenarbeitet, um die Verwaltungen digitaler und somit bürgerfreundlicher zu machen. Einen Weg, den wir auch auf Bundesebene beschreiten: Als Ampel-Koalition wollen wir das Leben für die Bürger*innen leichter machen indem wir die Verwaltungen digitaler machen und so viele Dinge künftig von zu Hause aus erledigt werden können.
Mit einer Einladung zur 1000-Jahr-Feier Illingen-Schützingen im Gepäck ging es weiter nach Ispringen. Dort empfing mich Bürgermeister Thomas Zeilmeier.
Gemeinsam mit der grünen Kreisrätin und Ispringer Gemeinderätin Elli Vogt haben wir uns zu verschiedenen Vorhaben der Gemeinde ausgetauscht. Ob die inklusive Entwicklung der Ispringer Schulen oder der Aufbau eines Nahwärmenetzes – Rathaus und Gemeinderat stecken voller Tatendrang.
Im Anschluss an unser Gespräch führte mich Bürgermeister Zeilmeier zum Ispringer Abendmarkt auf den Dorfplatz. Rund 20 Beschicker*innen bieten hier einmal im Monat von 16 bis 20 Uhr regional erzeugte Produkte an.
Ein tolles Konzept, das von den Ispringer*innen sehr gut angenommen wird. Gemeinsam mit Felix Herkens habe ich den Abend hier mit gutem Essen und interessanten Gesprächen ausklingen lassen.
Ein Abend in Straubenhardt
Das Haus der Familie in Straubenhardt-Conweiler ist eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen im westlichen Enzkreis. In den Räumen der Villa Kling gibt es verschiedene Kursangebote, aber auch regelmäßige Treffs für alle Altersklassen sowie Fortbildungen. Gemeinsam mit dem Straubenhardter Gemeinderat Gustav Bott von der grünen Liste Mensch und Umwelt habe ich mich mit Geschäftsführerin Heike Herb zu den aktuellen Themen der Einrichtung ausgetauscht und Einblicke in die Tätigkeiten vor Ort erhalten. Besonders die Corona-Pandemie, so berichtete Frau Herb, hat die Haupt- und Ehrenamtlichen vor große Herausforderungen gestellt.
Die Arbeit ging trotz widriger Umstände jedoch stets weiter, um Familien in dieser Krisenzeit Hilfestellungen anbieten zu können. Dieser Einsatz für die Menschen in der Region hat mich sehr beeindruckt. Ebenso wie das Engagement, welches das Netzwerk „Straubenhardt hilft“ aufbringt. Gegründet hat sich dieses Bündnis aus Bürger*innen zu Beginn der Corona-Pandemie, um besonders gefährdete oder bedürftige Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags zu unterstützen. Inzwischen hat das Netzwerk seine Arbeit ausgeweitet. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hilft es bei der Unterbringung, Begleitung und Integration von Geflüchteten. In diese Hilfsangebote flossen alle Einnahmen des Benefizkonzerts „Jazz in the garden“ im Garten der Villa Kling, das ich im Anschluss an das Gespräch im Haus der Familien besuchen durfte. Ein schöner Abend mit wunderbarer Live-Musik und tollen Begegnungen.
Jugend
Die Jugend hat viel zu sagen – wir müssen ihr nur den Raum dafür geben. Genau den hat die Studentin Miriam Neukam ihnen bei dem Mitmachprojekt „Stimme der Jugend“ im Herzen der Pforzheimer Innenstadt geschaffen. Im Rahmen ihres Master-Studiums an der Hochschule Pforzheim ist sie in ihrem Studienprojekt der Frage nachgegangen, welche Wünsche, aber auch Ängste die jungen Menschen in Pforzheim umtreiben. Dafür hat sie ihnen Farbe und Pinsel an die Hand gegeben, sodass sie selbst an die weißen Wände malen und schreiben konnten, was sie bewegt.
Die Ergebnisse habe ich mir bei meinem Besuch im Projektraum angesehen. Rund 50 Jugendliche aus verschiedenen sozialen Schichten, so berichtete mir Miriam Neukam, hätten sich täglich über rund vier Wochen an dem Projekt beteiligt. Die große Resonanz zeigt deutlich, dass die Jugend weder desinteressiert noch gleichgültig ist. Wir müssen nur nachfragen und sie einladen, sich zu beteiligen.
Den Raum das Jungsein ausgelassen zu feiern, hat die Jugendarbeit Stadtteile den Jugendlichen beim „Oststadthype 2.0“ in der Pforzheimer Oststadt gegeben. Als Schirmherrin des Jugendkellers-Ost habe ich mich ebenfalls unter das Partyvolk gemischt und ein paar Runden auf der Tanzfläche gedreht. Und was soll ich sagen: Der Empfang war wieder mehr als herzlich, das Programm vielfältig und die Stimmung überragend.
Damit die Jugendlichen auch ohne DJ Musik hören können, habe ich ihnen als kleines Gastgeschenk eine Spende für den Kauf von Boxen überreicht. Ich freue mich schon jetzt darauf, sie bei der nächsten Fete im Jugendkeller in Aktion zu erleben!
(Fotos: Lutz/Büro Aeffner)