Rede im Plenum zu Barrierefreiheit und Inklusion

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich danke der Union ausdrücklich, dass sie uns mit ihrem Antrag heute Gelegenheit gibt, über dieses wichtige Thema „Barrierfreiheit und inklusiver Sozialraum“ zu reden.

13 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland können Menschen mit Behinderung zu Recht erwarten, dass wir dafür Sorge tragen, dass sie in allen Lebensbereichen gleichberechtigt teilhaben können.

Barrierefreiheit ist dafür Grundvoraussetzung. Und es war eine rot-grüne Bundesregierung, die 2002 das Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet und damit wirklich einen Meilenstein geschaffen hat.

Wir haben den Bund zur Barrierefreiheit verpflichtet, und in der Folge sind auch in vielen Landesbehindertengleichstellungsgesetzen eben solche Verpflichtungen aufgenommen.

Eine Sache fehlt aber bis heute: die Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit im privaten Bereich; und auch im öffentlichen Bereich werden Vorgaben oft nicht umgesetzt. Und genau das gehen wir jetzt endlich gemeinsam an.

Am Mittwoch sind die Eckpunkte der Bundesinitiative Barrierefreiheit verabschiedet worden. Wir haben uns viel vorgenommen. Wir wollen Private endlich zum Abbau von Barrieren verpflichten. Wir wollen Schwerpunkte setzen in den Bereichen Mobilität, Wohnen, Gesundheit und Digitalisierung.

Sie, liebe Union, fordern jetzt mehr Tempo bei der Barrierefreiheit. 16 Jahre lang gab es in Ihren Koalitionsverträgen vor allen Dingen vage Absichtserklärungen. Sie wollten zum Beispiel prüfen, ob man Private zu angemessenen Vorkehrungen verpflichten kann, zuallererst im Gesundheitssektor. Dass wir sage und schreibe nur 26 Prozent barrierefreie Arztpraxen haben, erzählt uns irgendwie, dass das nicht besonders erfolgreich war und da noch viel Luft nach oben ist.

Jetzt wollen Sie angemessene Vorkehrungen einführen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Aber die Verpflichtung zum Abbau von Barrieren versehen Sie wieder nur mit einem Prüfauftrag und sagen: Schauen wir uns doch mal das Gesetz in Österreich an.

Ich sage Ihnen: Wir arbeiten gerne mit Ihnen an der Erarbeitung der Verpflichtung zur Schaffung angemessener Vorkehrungen zusammen, aber haben Sie keine Angst vor der Verpflichtung zum Abbau von Barrieren. Der Americans with Disabilities Act 1990, das österreichische Behindertengleichstellungsgesetz 2016 oder in England 2010 – in all diesen Ländern sind die Verpflichtungen Realität, und die Privatwirtschaft ist nicht kollabiert. Im Gegenteil: Genau damit sorgen wir dafür, dass die Privatwirtschaft auch morgen noch Kunden hat – in Zeiten zunehmender Verlagerung in den Onlinehandel und des demografischen Wandels.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit an dieser Stelle.