Gespräch mit Agnieszka Brugger und Stephanie Aeffner zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine
Pforzheim. Der Aufstand der Wagner-Gruppe, der tödliche Raketenbeschuss mit zwölf Opfern auf ein Restaurant im ukrainischen Kramatorsk – die Ereignisse im Ukraine-Krieg überschlagen sich weiter. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, hat auf Einladung der grünen Bundestagsabgeordneten für Pforzheim und den Enzkreis, Stephanie Aeffner, im Kulturhaus Osterfeld über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gesprochen. Die Besucher*innen beteiligten sich mit großem Interesse an der Diskussion mit Fragen rund um die Unterstützung für die Ukraine, der Rolle der Diplomatie und auch über Perspektiven für ein Ende der Gewalt und die Sicherheit auf dem Kontinent. „Die Staaten der europäischen Gemeinschaft werden sich nur sicher fühlen, wenn wir gegen einen Aggressor zusammenstehen und gemeinsam internationales Völkerrecht verteidigen. Das bedeutet im Fall eines militärischen Angriffs, wie ihn Putin gegen die Ukraine führt, leider zwangsläufig auch, sich wirksam schützen zu können“, erklärt Aeffner.
Das seien sehr schwierige Debatten und Entscheidungen innerhalb der Bundesregierung und der Partei, die seit Ausbruch des Krieges geführt und getroffen wurden, so Brugger. Sie stellte dar, dass sowohl das Handeln als auch das Nichthandeln mit Verantwortung und Risiken verbunden sind. „Wir machen uns diese Entscheidungen nicht leicht“, so Brugger. Sie erklärte, durch die Unterstützung – sowohl finanzieller, humanitärer und auch militärischer Art – konnte in den vergangenen Monaten ein wirkungsvoller Beitrag zur Selbstverteidigungsfähigkeit der unschuldigen Menschen in der Ukraine geleistet werden. Die Ukrainer*innen schützen nicht nur ihr eigenes Land, sie verteidigen die Grundidee der Freiheit und Demokratie.
Brugger betonte, dass Russland seit Monaten systematisch die schlimmsten Kriegsverbrechen begehe und gezielt die zivile Infrastruktur unter brutalen Beschuss nehme. Sehr klar tritt durch die immer weitere russische Eskalation, aber auch Maßnahmen wie die Teilmobilmachung der Gesellschaft zu Tage, was auch viele Expert*innen bestätigen: „Wir sehen keine Bereitschaft von russischer Seite für echte Verhandlungen.“ Putin könnte den Krieg sofort beenden, doch die Realität sei, dass er die Existenz des Nachbarlandes in Frage stelle und daher sei es eine Illusion, dass die Gewalt aufhöre, wenn die Ukraine aufgebe. „Das sieht man ja in den besetzten Gebieten”, wo Morde, Folter und Kindesentführungen an der Tagesordnung seien.
Wenn Putin mit seiner skrupellosen Invasion Erfolg hätte, bedeute das „verheerende Folgen für die Menschen in der Ukraine und hat auch massive Auswirkungen auf unsere Sicherheit und den Fortbestand internationaler Regeln“, erklärte die Verteidigungspolitikerin. Die europäische Friedensordnung sei einst auch mit Russland ausgehandelt worden, nun bricht der Kreml aber auf eklatante Weise mit dem internationalen und humanitären Völkerrecht. „Ein russischer Sieg würde nur andere aggressive Autokraten weltweit ermuntern, ihre Machtansprüche ähnlich brutal durchzusetzen“, erklärte Brugger.
Brugger stellte zudem klar, dass Waffenlieferungen und Diplomatie sich nicht ausschließen, denn „es werden auch diplomatische Lösungen gesucht.“ Das gelte sowohl für die Zeit vor dem Krieg als auch jetzt. Ein Beispiel dafür sei das Getreideabkommen. Diplomatie und Verhandlungen scheiterten aber sicher nicht an der Ukraine, Deutschland oder der EU, sondern an Putin: „Viele befürworten Waffenlieferungen, weil sie die Analyse haben, dass eine Chance auf echte Verhandlungen nur möglich wird, wenn der Kreml realisiert, dass er seine imperialistischen Machtansprüche nicht mit noch so großer Brutalität auf dem Schlachtfeld durchsetzen kann.“ Die militärische Unterstützung, so Brugger, sei notwendig, damit sich die Ukraine verteidigen und so in eine Position der Stärke an einem möglichen Verhandlungstisch bringen könne, damit das Ergebnis kein Diktatfrieden zu Putins Bedingungen sein wird.
„In diesem intensiven, nachdenklichen und manchmal auch kontroversen Austausch ist sehr deutlich geworden, dass alle sich ein Ende des Krieges und einen stabilen Frieden wünschen“, erklärte Aeffner am Ende der Diskussion. Was erfolgsversprechende Wege dahin seien, darüber habe es an diesem Abend im Publikum zwar unterschiedliche Ansichten gegeben. „Ich hoffe jedoch, wir konnten nachvollziehbar erklären, warum wir Grüne uns permanent für die Unterstützung der Ukraine – auch mit Waffen – einsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass wir diesen Austausch mit den Anwesenden so respektvoll führen konnten. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in einer Demokratie leben, die das ermöglicht“, dankte Aeffner allen.
Fotos: Lutz/Büro Aeffner