Persönliche Erklärung zum Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung

Persönliche Erklärung nach §31 GO BT zur zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Rückführung.

„Mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz setzt die Bundesregierung Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenzen vom Mai und November 2023 um.

Hinsichtlich vollziehbar ausreisepflichtiger Personen sollte der Fokus aber zunächst auf der freiwilligen Ausreise liegen. Die Zahl der freiwilligen Ausreisen ist derzeit doppelt so hoch wie die der zwangsweisen Abschiebungen. Wer sagt, wir hätten ein „Abschiebedefizit“, verkennt, wer die Menschen sind, die in unseren Kommunen unter der Ausreisepflicht leben. Ihre Duldungsgründe sind so vielfältig wie die Lebensgeschichten dieser Menschen. Sie sind geduldet aus gesundheitlichen oder humanitären Gründen oder weil sie nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können, wie zum Beispiel geduldete Personen aus Afghanistan. Zielsetzung ist hier ein frühzeitiger Arbeitsmarktzugang zur Entlastung der Transferleistungssysteme und zur Beendigung der Perspektivlosigkeit.

Mit dem Gesetz wird der Zugang von Asylbewerber*innen und Geduldeten zum Arbeitsmarkt weiter verbessert, wie auch von der Wirtschaft gefordert. Die Beschäftigungsduldung wird durch eine neue Stichtagsregelung und eine praxistaugliche Anpassung der Anforderungen angepasst. Geduldete können leichter eine Beschäftigungserlaubnis erhalten. Asylsuchende, die in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen, können in der Regel bereits nach sechs statt nach neun Monaten eine Beschäftigung aufnehmen.

Wenn zwangsweise Abschiebungen notwendig sind, müssen die Eingriffe in Grundrechte verhältnismäßig sein. Das gilt in besonderem Maße bei freiheitsentziehenden Maßnahmen. Die Ausweitung der Dauer des Ausreisegewahrsams und die Einführung neuer Haftgründe lehnen wir grundsätzlich ab, konnten aber im Rahmen der Kompromissfindung mit der verpflichtenden Beiordnung eines fachkundigen Rechtsbeistands bei Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam den Rechtsschutz stärken. Das ist insofern notwendig, als schon bislang ein großer Anteil der Abschiebehaftanordnungen rechtswidrig waren. Die Pflichtbeiordnung ist ein essenzieller Schritt zu mehr Rechtsstaatlichkeit bei freiheitsentziehenden Maßnahmen von Personen, die keine Straftat begangen haben. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen werden grundsätzlich nicht mehr in Abschiebehaft genommen.

Es ist Konsens, dass die Seenotrettung nicht kriminalisiert werden darf. Seenotrettung ist völkerrechtliche Pflicht und muss gestärkt werden, statt sie zu kriminalisieren.

Dass Aufenthaltstitel künftig länger gültig sein werden, ist eine deutliche Erleichterung nicht nur für die Betroffenen. Damit reduziert das Gesetz unnötige Bürokratie, entlastet Behörden und schafft mehr Rechtssicherheit für Asylberechtigte.

Teil des Gesetzespakets ist die Verlängerung des Grundleistungsbezugs im Asylbewerberleistungsgesetz von 18 auf 36 Monate, die auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 6. November 2023 zurückgeht. Diese Regelung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerst fragwürdig. Vor allem die eingeschränkten Gesundheitsleistungen – die nur bei akuten Schmerzen gewährt werden – werden bei den Betroffenen zu einer Verschlechterung ihrer Lebenssituation führen und langfristig gesehen mehr Kosten verursachen, als Kosten einzusparen, wie Studien belegen. Auch die Teilhabechancen von Kindern werden durch den längeren Bezug verminderter Leistungen eingeschränkt. Die öffentlich vielfach geäußerte Behauptung, dass sich durch verminderte Leistungen Migration steuern lasse, ist falsch.

Im Rahmen der Verhandlungen konnte erreicht werden, dass der verlängerte Grundleistungsbezug nicht rückwirkend gilt. Wer bereits Analogleistungen bezieht, wird durch die Änderung nicht betroffen sein.

In der Abwägung aller Aspekte werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.“

  • Stephanie Aeffner
  • Lisa Badum
  • Dr. Janosch Dahmen
  • Leon Eckert
  • Bernhard Herrmann
  • Dr. Kirsten Kappert-Gonther
  • Sven Lehmann
  • Susanne Menge
  • Swantje Michaelsen
  • Filiz Polat
  • Christina-Johanne Schröder