Persönliche Erklärung zur Suizidbeihilfe

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist Sterbehilfe aktuell legal. Sie wird aber in keiner Weise reguliert. Das ist für mich ein nicht tragbarer Zustand.

Die Beschäftigung mit dem Lebensende und die Frage nach einem assistierten Suizid ist eine sehr bewegende und hoch ethische Frage. Ich habe selbst schon einige Angehörige und nahestehende Personen in den Tod begleitet. Es gibt Situationen, in denen die beste palliativmedizinische Versorgung Schmerzen und Leiden nicht mehr lindern kann. Menschen dürfen in dieser Not nicht alleine gelassen werden. Ich möchte, dass Menschen die Möglichkeit haben, Suizidbeihilfe zu bekommen, um selbstbestimmt und in Würde sterben zu können.

Genauso sind mir aber auch die Gefahren bewusst, wenn wir als Gesetzgeber keine gute Regulierung der Suizidbeihilfe treffen und keine Schutzkonzepte vorsehen. In manchen Situationen haben Menschen aufgrund einer akuten Lebenskrise einen vorübergehenden Suizidwunsch. 90% der Menschen, die einen Suizidversuch überleben, sind froh darüber. Es kommt auch immer wieder vor, dass Menschen sich selbst als Last für ihre Angehörigen empfinden. Ein Suizidwunsch kann auch entstehen, weil Menschen keinen Zugang zu erforderlicher Unterstützung oder pflegerischer Versorgung haben. Hier brauchen Menschen gute Beratung. Wir haben als Gesetzgeber sicherzustellen, dass die Entscheidung für einen assistierten Suizid wirklich auf einer freien und selbstbestimmten Entscheidung beruht.

Aus diesem Grund habe ich heute den Gesetzesentwurf von Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert-Gonther u.a. als Mitantragstellerin unterstützt, denn er sollte den assistierten Suizid ermöglichen, aber nicht fördern. Er beinhaltete weitreichende Schutzkonzepte, die einen Missbrauch und gewerbsmäßige Suizidhilfe-Infrastruktur verhindern sollten. Leider hat dieser Antrag bei der heutigen Abstimmung keine Mehrheit gefunden.

Ich bin froh, dass der konkurrierende Antrag um meine Kolleg*innen Katrin Helling-Plahr, Dr. Petra Sitte, Helge Lindh, Dr. Till Steffen, Renate Künast u.a. ebenfalls keine Mehrheit gefunden hat. Die Gründe sind für mich zum einen das nicht ausreichende Schutzkonzept. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen, neu einzurichtenden, Beratungsstellen haben unklare Anforderungen an die Qualifikation des Personals. Ich lehne es ab, dass Berufsgruppen, die keine expliziten Fachkenntnisse über psychische Erkrankungen haben, bescheinigen können, dass der Suizidwunsch wirklich eine freie und selbstbestimmte Entscheidung ist und eben nicht auf einer akuten und vorübergehenden Krise beruht. Zudem ist in diesem Antrag nur ein einziges Beratungsgespräch vorgesehen. Auch wären die Kosten einer dort vorgesehen staatlich finanzierten Suizidhilfe-Infrastruktur immens. Vor allem aber stellt dieser Entwurf die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung nicht unter Strafe, wenn das vorgeschriebene Schutzkonzept nicht eingehalten wird. All diese Argumente haben mich dazu bewogen, heute gegen diesen Antrag zu stimmen.

Dass es nun immer noch keine gesetzliche Regelung gibt, sollte uns als Parlamentarier*innen verpflichten, schnell eine Lösung zu finden, die den Menschen das Recht auf ein selbstbestimmtes Ende ihres Lebens bei gleichzeitiger Einhaltung des Schutzauftrages ermöglicht.

Dennoch bin ich froh, dass wir uns auf einen gemeinsamen Antrag zur Suizidprävention einigen konnten. Wir fordern die Bundesregierung auf, bis zum Januar 2024 ein Konzept für bessere Strukturen und Angebote der Suizidprävention vorzulegen. Bis Juni 2024 soll zudem ein Gesetzentwurf mit weiteren Schutzmaßnahmen folgen.